Hallo !

 

Zu Derrida, dem Thema der letzten Woche, möchte ich nur ein paar Worte verlieren. In jedem Fall empfehle ich allen DRINGEND mal in einen seiner Texte hineinzuschauen, allein schon des Stils wegen:

 

1)Dekonstruktion schließt an unsere Erkenntnisse vom letzten Mal über Postmoderne an. Ihr Text- und Subjektbegriff ist der eines unabgeschließbaren, nicht mit sich selbst identischem und in ständiger Bedeutungsverschiebung befindlichen Netzes von Signifikanten (Bezeichnenden). Derrida radikalisiert diesen Gedanken noch, indem er die Verschränkung von Sprachordnung und Denkordnung behauptet: Ein Signifikant verweist nie auf nur ein Signifikat, denn das Signifikat selbst wird zum Signifikanten und verweist wieder auf etwas anderes. Ebenso verweist ein Signifikant gleichzeitig auf etwas Äußeres und etwas Inneres in unsere Denken. Besonders wichtig ist für Derrida daher die Absage an jegliche Form von TOTALISIERUNG (wir erinnern uns: bei Lukàcs und den Marxisten war das noch die oberste Forderung). Derrida prägt für diese Art von Bedeutung den Begriff "differance" - der sowohl "aufschieben" und "unterscheiden" meint.

2) Eine dekonstruktivistische Lesart heißt nun, nicht mehr an binären Bedeutungsoppositionen festzuhalten, wie der Strukturalismus das noch tat (nebenbei: eine Opposition würde ja zwei einigermaßen gefestigte Pole einschließen...). Texte arbeiten meist mit Oppositionen, indem sie das Andere verdrängen oder an den Rand drängen. Derrida sucht nun solche verdrängten Anteile auf (in Fußnoten, in Zitaten) und zeigt, wie solche Oppositionen unterlaufen werden können bzw. wie sie sich im Text selbst unterlaufen. Im Klartext versucht dekonstruktive Lektüre zu zeigen, dass das verdrängte Andere die Konstitutionsbedingung für die herrschende Bedeutung darstellt (z.B. die Frau als verdrängte Bedingung zur Konstitution von Männlichkeit).

3) Die Gefahr, die sich aus der Haltung eines Dekonstruktivisten ergibt fassen die Worte von Terry Eagleton schön zusammen: "Ein Vorteil des Dogmas, daß wir Gefangene unseres eigenen Diskurses sind [...] besteht darin, daß es einem ermöglicht, in voller Montur durch die Überzeugungen aller anderen hindurchzugaloppieren, ohen daß es einem die Unbequemlickeit aufbürdet, selbst eine Überzeugung anzunehmen." (Einführung in die Literaturtheorie, S. 130)

 

 

Morgen wird es um Rezeptionsästhetik gehen, eine aktuelle Form der hermeneutischen Interpretation, die jedoch auch viel mit Dekonstruktion zu tun hat. Was werden wir sehen... Zudem:

*Was hat Wolfgang Iser mit Jaques Derrida zu tun ?

*Was hat Wolfgang Iser mit Hans-Georg Gadamer zu tun ?

*Wie interpretiert man Texte rezeptionsästhetisch ?

*Wo bleibt der Kontext, wenn die Bedeutung nur im Kopf des Lesers/der Leserin entsteht ?

 

Mit besten Grüßen

 

Timon

 

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