Liebe KollegInnen,
nachdem beim ersten Tutorium genau 1 (in Worten: eine) Studentin anwesend war, hoffe ich auf einen regelrechten Massenandrang für die morgige Einheit - nicht zuletzt da das Thema ein wirklich spannendes sein wird !
Letztes Mal haben wir einige Dinge festgehalten:
1) Literatur ist ein Differenzbegriff. Mit jeder Bestimmung von Literatur schließe ich gleichzeitig andere Formen von Texten aus.
2) Der Literaturbegriff, den wir heute kennen, ist ein historisch gewachsener. Er ist ohne die Ausbildung eines Bürgertums, einer arbeitsteiligen Gesellschaft und eines autonomen Feldes der
Literatur nicht denkbar. Dieser Prozess wird im 18. Jahrhundert greifbar und lässt sich an der literarischen Entwicklung Schillers (Sturm und Drang -> Klassik) schön zeigen. Nur indem
sich Literatur von unmittelbarer gesellschaftlicher Funktion freimacht (was eine mittelbare Funktion nicht ausschließt), kann sie die spannende Entwicklung von Abgrenzungen und
Gegenläufigkeiten entwickeln, die wir beobachten.
3) Auch Einführungen in die Literaturtheorie sind nicht interessenlos:
Jonathan Cullers Buch atmet die Luft des Poststrukturalismus - nicht zuletzt seine Ablehnung einer Einteilung in Schulen zeigt dies. Auch seine Angst vor interpretativen Schließungen (Texte
um jeden Preis offen zu halten) ist darin begründet.
Terry Eagletons Buch ist ehrlicher und verhehlt nicht, dass es Literatur marxistisch betrachtet. Eagleton stellt Theorierichtungen dar und kritisiert sie gleichzeitig von einem marxistischen
Standpunkt - das Spiel von andenken und zurücknehmen ist zwar SEHR lesenswert, aber für eine Einführung oft eine harte Nuss.
Die Einführung von Sexl scheint mir fürs Lernen am geeignetsten, da zahlreiche Autoren unterschiedliche Perspektiven einbringen und ein breites Spektrum abgedeckt wird. Zudem liefert es
als einziges Buch einen historischen Überblick, der sehr nützlich ist (und den ich wirklich empfehle !).
Dies Mal haben wir Folgendes vor:
Gemeinsam werden wir uns den Text "Einführung in die ästhetischen Schriften von Marx und Engels" von Georg Lukács ansehen. Davon ausgehend wollen wir uns dem Komplex Marxismus (was ist das ? worum geht es ?) nähern.
Nützliche Infos über Georg Lukács und sein ereignisreiches Leben bzw. Texte findet Ihr unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Luk%C3%A1cs (Biographie)
http://www.lukacs-gesellschaft.de (deutsche Aufsätze;
zudem ein Einblick in von Lukács geprägte Forschung)
http://www.marxists.org/archive/lukacs/ (englische Werke im Volltext)
Anhand des Textes wollen wir uns einige Fragen stellen:
*Wie konzeptualisiert marxistische Literaturtheorie "Literatur" ?
*Wie konzeptualisiert sie "Theorie" ?
*Was soll die Verknüpfung von Literatur und Ästhetik ?
*Ist es der Marxismus oder DIE MarxisMEN ?
*Gibt es eine marxistische Art Texte zu lesen ?
Als Beispiel für einen neueren Ansatz in der marxistischen Debatte über Literatur habe ich den Aufsatz "Freie Einzelheiten" von Terry Eagleton online gestellt. Hier wird deutlich, in was für einer Verbindung Theorie-Ideologie-Ästhetik-Literatur stehen und wie dies auf Texte angewandt werden kann.
Zu guter Letzt habe ich - sozusagen also Kontrastfolie - den Überblick über marx. Literaturtheorie von Culler online gestellt. Darin wird sehr schön deutlich, welchen Interessen Cullers darstellung selbst folgt und wie viel er ausblendet. Auch darüber werden wir sprechen.
Viel Spass beim Lesen und Entdecken, ich freue mich auf Euer Kommen
Timon
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